„Magic Cleaning“ - Die Kunst des Aufräumens oder Marie Kondo kommt mir nicht ins Büro!

Literaturempfehlung

Ich bin ja eher nicht so der super-organisierte Typ mit dem strukturierten Schreibtisch und Etiketten an allen Ablagefächern. Mein Schreibtisch ist aufgeräumt, wenn man auf einen Blick die Zettel mit Arbeitsaufträgen von Kollegen von meinen eigenen To-Do-Listen unterscheiden kann (ja, beides im Plural – ich arbeite teilzeit…). Wenn ich nach Feierabend das Büro verlasse, sieht mein Schreibtisch mehr nach „laufendem Arbeitsprozess“ aus, als der Schreibtisch meiner Kollegin während eines laufenden Arbeitsprozesses. Dass Ratgeber rund um das Aufräumen Teil des von mir betreuten Bereichs F (Psychologie, Pädagogik, Kultur – und etwas detaillierter Lebensführung und –organisation) sind, hat daran nicht wirklich viel geändert.
Als mir bei einer Bestandssichtung „Magic cleaning“ in die Hände fiel, dachte ich: „Ok, es war ja mal ein Bestseller. Ich könnte es lesen, dümmer werde ich wohl nicht…“
Eines vorweg: die Beschreibung meines Schreibtisches ist der IST-Zustand, die Lektüre hat nicht das geringste daran geändert und ich bezweifle, dass meine Chefin es gut finden würde, wenn ich ihre Arbeitsaufträge an mich, einfach wegschmeiße, weil diese mich gerade nicht glücklich machen – die Anwendbarkeit der Ratschläge hat also definitiv ihre Grenzen.
Aber: dieses Buch liest sich super! Es ist, als hätte alle Welt einem unendlich tratschsüchtigen Klatschweib Haus und Tor geöffnet und sie könne es gar nicht erwarten, der Welt zu erzählen, wie fürchterlich es bei manch einem zu Hause so aussieht. Es ist weniger ein „Ich zeige dir ein paar Methoden zum Aufräumen“ als viel mehr ein „Stell dir vor, was Frau K. ein Wohnzimmer nennt, so sieht es bei mir nicht mal in der Rumpelkammer aus“ – was sicherlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass Marie Kondo keine Rumpelkammer hat (auch in einem fensterlosen Abstellraum kann man sich eine gemütliche Leseecke einrichten – wenn man nicht mehr alle Tassen im Schrank hat – weil man sie weggeschmissen hat) – worauf ich hinaus will: ausreichende Distanz und Reflexion zum Gelesenen sind absolut erforderlich.
Aber: es ist wirklich witzig geschrieben und ganz nebenbei entwickelt sich in einem so eine Art „Aufräumwut“, man hat das zwingende Bedürfnis, auszusortieren, wegzuschmeißen, umzuräumen. Wenn mein Kleiderschrank und mein Schreibtisch mal in die Verlegenheit kommen sollten Smalltalk zu betreiben, hat mein Schreibtisch hinterher ganz sicher Depressionen.
Falls Sie sich jetzt fragen, ob ich irgendwelche ziemlich starken Medikamente nehme, die mich zur letzten Aussage verleitet haben können – nein! Ich passe mich da einfach dem rezensierten Buch an: Marie Kondo schreibt, dass die Dinge eine Seele haben und gut behandelt werden wollen. Klar ist das etwas durchgeknallt, aber sein wir mal ehrlich: pfleglich mit seinem Besitz umzugehen, ist kein völlig abwegiger Ratschlag.
Mit der nötigen Distanz betrachtet, ist der Ratgeber durchaus lesenswert, witzig ist er allemal und dümmer geworden bin ich, soweit ich weiß, wirklich nicht… obwohl ich zwischendurch manchmal nicht sicher war, ob Marie Kondo vielleicht nebenberuflich Drehbücher für die RTL-Group schreibt…

Unter F 270 finden Sie bei uns:
Kondo, Marie: Magic Cleaning - wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert   und
Kondo, Marie: Das große Magic-cleaning-Buch - über das Glück des Aufräumens

PS: Wer bei F 270 nicht fündig wird, findet weitere "Aufräumratgeber" bei X 000.

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