Kulturerbe „Schachdorf Ströbeck“
Legenden, …
Diese Aufgabe beruht auf einer populären Legende, die bis ins Mittelalter zurückreicht: Der Sage nach lehrte nämlich ein adliger Gefangener des Halberstädter Bischofs im Jahr 1011 seinen Bewachern, Ströbecker Bauern, das Schachspiel. Nach seiner Freilassung beschenkte er die Ströbecker reich. Sogar von Steuervergünstigungen wissen manche Varianten zu berichten.
… Traditionen
Seit mindestens 1823 ist Schach ein Pflichtfach an der Grundschule im Schachdorf Ströbeck. Seither finden jährliche Schülerwettbewerbe statt, bei denen es besondere Schachbretter und -figuren zu gewinnen gibt. Gelehrt werden dabei nicht nur „gewöhnliches“ Schach, sondern auch eine spezielle Ströbecker Schacheröffnung, die sogenannte Ströbecker Tabija, oder die mittelalterliche Schachspielvariante „Kurierschach“.
Weiterhin gibt es ein seit mehr als 100 Jahren nachweisbares und vermutlich weit älteres Lebendschach-Ensemble, welches europaweit Schachpartien und -tänze aufführt. Im Jahre 2007 wurde darüber hinaus die bereits für das 17. Jahrhundert verbürgte Sitte wiederbelebt, bei der ein Bräutigam erst gegen den (Orts)Bürgermeister Schach spielen muss. Wenn der Bräutigam gewinnt, gewinnt er auch seine Braut. Wenn er verliert, muss er eine Strafe in die Gemeindekasse zahlen.
… und Gemeinschaften
Organisiert werden viele dieser Bräuche durch den „Ströbecker Schachverein“, der sich spätestens 1883 gründete (https://www.schachverein-stroebeck.de/). Der drei Jahre jüngere Damenschachverein des Ortes gilt als erster Deutschlands. Der Verein, der mit ganzem Titel „Förderverein zur Wahrung und Pflege der Schachtradition im Schachdorf Ströbeck e.V.“ heißt, organisiert seit seinem Bestehen Schachkongresse sowie regelmäßige regionale, nationale und internationale Schachturniere. Bekannt sind insbesondere das seit 1960 jährlich veranstaltete „Mai-Turnier“ und „Schachfest“.
1991 wurde durch das ehrenamtliche Engagement der Ströbecker Bürger außerdem ein Schachmuseum eingerichtet (https://www.museum-halberstadt.de/de/schachmuseum_stroebeck_hbs-copy-1623225090.html). Mit Eingemeindung Ströbecks als Ortsteil Halberstadts 2010 wurde es das einzige Schachmuseums Deutschlands in öffentlicher Trägerschaft. Seit 1992 trägt der Ort auch offiziell den Namen "Schachdorf Ströbeck".
Europäisches Kulturdorf und immaterielles Kulturerbe
Das Schachdorf Ströbeck ist wegen seiner jahrhundertealten Schachtradition schließlich bei den „Kulturdörfern Europas“ (https://www.cultural-village.com/) aufgenommen worden und wurde im Jahr 2016 zusätzlich in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen (https://www.unesco.de/staette/schachtradition-in-stroebeck).
Weitere Quellen: R. Krosch (Hrsg.): 1000 Jahre Schachdorf Ströbeck. Ein kurzer Überblick über die Geschichte des Schachdorfes Ströbeck (Halberstadt 1994); K. Reiß: Der Correspondenz-Schachkampf zwischen dem Dessauer Schachverein und Frauen des Schachdorfes Ströbeck 1886/1887. Ein frühes Zeugnis des organisierten Frauenschachs in Deutschland (Leipzig 2023); Deutsche UNESCO-Kommission e. V. (Hrsg.): Wissen. Können. Weitergeben. Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe. A bis Z (Berlin 2019).