Untersuchung der Einflüsse auf Greifvögel durch die Errichtung eines Windparks in Sachsen-Anhalt

Laufzeit: 01.01.2022 – 30.12.2024

Fördervolumen: 192.213,50 €

Fördermittel: Richtlinien zur Förderung von Naturschutz- und Landschaftspflegeprojekten (Naturschutz-Richtlinien)


Hintergrund

Der Rotmilan (Milvus milvus) ist eine Vogelart, für die das Land Sachsen-Anhalt eine besondere Verantwortung trägt (s.g. Verantwortungsart). Die daraus resultierende besondere Verpflichtung leitet sich vor allem aus der Verbreitung des Rotmilans ab, welche sich ausschließlich auf Europa beschränkt. Die Beeinträchtigungen der Rotmilanbestände sind mannigfaltig. Neben dem allgemeinen Lebensraumverlust und den Veränderungen in der Agrarlandschaft stellen Windenergieanlagen (WEA) eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Rotmilane dar. Die Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg führt eine Liste von an WEA verunglückten Vögeln. Mit 637 Individuen zählt der Rotmilan, nach dem Mäusebussard mit 685 Individuen, zu den am meisten nachgewiesenen Todesopfern an Windkraftanlagen (Dürr 2021).

Eine Recherche zum Thema Todesursachen beim Rotmilan erbrachte, dass die meisten Todfunde in Zusammenhang mit WEA stehen (Kolbe et al. 2019). Gemäß des „Leitfaden – Artenschutz an Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt“ (MULE 2018) sind spezielle Maßnahmen im Rahmen der Planung von Windenergieanlagen (WEA) bezüglich des Rotmilans und weiterer als WEA-sensibel eingestufter Arten einzuhalten. Dieses resultiert unter Anderem aus der hohen Schlagopferzahlen des Rotmilans an Windenergieanlagen (vgl. Dürr 2021).

Aufgrund des anhaltenden Zuwachses an WEAs und weiteren Bauvorhaben ist mit einer zunehmenden Inanspruchnahme von bisher unbebauten und unverbauten Lebensräumen zu rechnen; ebenso werden bereits beeinträchtigte Lebensräume weiter zerschnitten. Mit der wachsenden Verbauung von Lebensräumen wird eine stetige Zunahme an Konflikten einhergehen. Dies ist auch im Zusammenhang mit Repowering-Vorhaben von WEAs zu erwarten.

Im Rahmen der Planung von WEA-Bauvorhaben werden die möglichen naturschutzfachlichen Beeinträchtigungen anhand von Daten eingeschätzt, welche vor dem Bau erhoben werden. Erkenntnisse zu tatsächlichen Veränderungen in der Biosphäre nach dem Bau von WEAs sind jedoch gegenwärtig noch defizitär, da ein Monitoring, welches sowohl die „Vorher-“ als auch die „Nachher-Situation“ betrachtet, meist nicht durchgeführt wird. Gegenwärtig liegt nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Untersuchungen in bestehenden Windparks (WP) bzw. aus dem Zeitraum der Errichtung vor.

Im Jahr 2021 wurde die Errichtung eines Windparks mit sechs WEAs im Süden des Bördekreises (Sachsen-Anhalt) genehmigt. Der Standort des Windparks befindet sich auf einer bisher unverbauten Fläche.

Ziel

Ziel des Projektes „Untersuchung der Einflüsse auf Greifvögel durch die Errichtung eines Windparks in Sachsen-Anhalt“ ist es, vertiefende Erkenntnisse über mögliche Veränderungen in der Greifvogel-Brutvogeldichte (insbesondere des Rotmilans) sowie die mögliche Beeinträchtigung von Rotmilanen und weiteren Greifvögeln durch den Bau eines Windparks zu erlangen. Hierfür werden während des Projektzeitraumes jährliche Erfassung gemäß des „Leitfaden - Artenschutz an Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt“ durchgeführt. Im Fokus des Projektes stehen die drei Arten Rotmilan (Milvus milvus), Mäusebussard (Buteo buteo) und Schwarzmilan (Milvus migrans).

Insbesondere in Hinblick auf die Erfassung der Raumnutzung ist, parallel zu den visuellen Beobachtungen (gem. dem Leitfaden Artenschutz an Windenergieanlagen des Landes Sachsen-Anhalt) eine Begleitung durch Satelliten-Telemetrie der Zielarten vorgesehen. Die damit generierten Daten sollen zudem mit den Daten der visuellen Untersuchung abgeglichen werden.

Bei der Auswertung liegt das Augenmerk zum einen auf möglichen Bestands- und Verhaltensveränderungen, welche mit der Errichtung der WEAs im Zusammenhang stehen können. Generell werden die im Rahmen des vorgelegten Projektes erhobenen Daten zum Kenntnisstand der Kollisionsgefährdung sowie in Hinblick auf das Verhalten von Greifvögeln auf neu errichtete Windparks beitragen.

Ergebnisse

Im Rahmen des Projektes „Untersuchung der Einflüsse auf Greifvögel durch die Errichtung eines Windparks in Sachsen-Anhalt“ erfolgten im Zeitraum von April 2022 bis September 2024 in einem ca. 65 km² großen Projektgebiet Untersuchungen zu Brutvorkommen sowie zur Raumnutzung von Rotmilan (Milvus milvus) und Mäusebussard (Buteo buteo).

Der Brutbestand der beiden Arten wurde, wie im gesamten Projektgebiet jährlich nach Südbeck et al. (2005) erfasst. Ebenso erfolgten jährlich weitere Untersuchungen zur Reproduktion.

Der ursprünglichen Fragestellung zu möglichen Änderungen der Raumnutzung mit der Errichtung eines neuen Windparks konnte, auf Grund einer unvorhergesehenen Verschiebung des Baubeginns des geplanten Windparks, nicht nachgegangen werden.

Durch die Einbeziehung des, im unmittelbaren Umfeld der geplanten Standorte der neuen Windenergieanlagen (VHF), bereits existierenden Windparks „Westeregeln“ (WP) konnten jedoch vergleichbare Daten zur Raumnutzung einer vorbelasteten Fläche und einer unverbauten Fläche erfasst werden.

Auf beiden Flächen wurde eine Raumnutzungsanalysen gemäß MULE (2018) an insgesamt 132 Terminen durchgeführt. Auf der 1,1 km² großen VHF wurde über insgesamt 606 h (101 Termine), in dem 0,8 km² großen WP insgesamt 186 h an 31 Terminen.

Ferner konnten insgesamt 25 Rotmilane (23 juv. und 2 ad.) sowie 36 Mäusebussarde (17 juv. und 19 ad.) im Projektgebiet mit GPS-Sendern versehen werden. Hierbei wurden bevorzugt Individuen bearbeitet, deren Brutplatz eine möglichst geringe Distanz zu einer/oder beiden Betrachtungsräumen aufwies. Ab Herbst 2023 erfolgten ebenfalls Beringungen und Besenderungen von Mäusebussarden außerhalb der Brutzeit.

Eine generell hohe Bedeutung der beiden Betrachtungsräume konnte anhand der GPS-Daten weder für Mäusebussarde noch für Rotmilane abgeleitet werden. Jedoch weisen die Ortungspunkte einzelner Vögel auf eine höhere Bedeutung der Flächen und das direkte Umfeld als Nahrungshabitat bzw. als Winterhabitat hin. Insgesamt zeigten die besenderten adulten Mäusebussarde der lokalen Brutpaare eine starke Ortstreue an ihre kleinflächigen Reviere, welche auch außerhalb der Brutzeit besetzt blieben.

Beim Vergleich der Daten zur Raumnutzung sowohl per GPS-Sender als auch aus der Raumnutzungsanalyse wurden nur minimale Unterscheide in der Anzahl von Sichtungen, der Summe der Aufenthaltsdauer sowie im Verhalten auf der Fläche nachgewiesen. Die Differenz in den Daten lässt jedoch aus unserer Sicht keine Unterscheidung in der Wertigkeit zwischen den beiden Flächen zu. Ebenso gibt es kaum Unterschiede in den ermittelten Flughöhen der Greifvögel.

Insgesamt konnten somit keine bedeutenden Unterschiede in der Häufigkeit der Nutzung, der Nutzungsart, dem Verhalten der Individuen oder den genutzten Höhenklassen abgeleitet werden.

Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass der bestehende Windpark keinen Einfluss auf das Verhalten der beiden näher untersuchten Arten (Mäusebussard und Rotmilan) hat. Eine „Scheuchwirkung“ besteht durch die Windenergieanlagen bei diesen beiden Greifvogelarten somit nicht. Gleichzeitig stellt dies aber auch ein Problem dar. Dadurch dass die Anlagen scheinbar nicht als gefährlich wahrgenommen werden, unterscheidet sich auch das Verhalten der beiden Arten bspw. in Form von Flughöhenverteilung und Nutzungsdauer zwischen den beiden Flächen nicht. Folglich steigt damit auch das Kollisionsrisiko an.

Projektmitarbeiter  
Eike Steinborn     
Am Kloster 1  
38820 Halberstadt
Tel.: +49 (0) 3941 58337437
mail: steinborn@rotmilanzentrum.de

 

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