Carl Hasenpflug. Werke von ästhetischer Schönheit und exakter Architekturdarstellung, Romantik und Realität
Carl Hasenpflug steht in der Tradition der Kunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der sie prägenden Gestalten Karl Friedrich Schinkel und Caspar David Friedrich. Über seine Wertschätzung als Maler der großen Dome Mitteldeutschlands hinaus hat er sich als begabter Landschaftsmaler von Bodensee, Harz und Rheintal erwiesen. Seine Lebensleistung erfüllte sich zunächst im streng sachlichen Architekturbild, fand dann zu vergeistigten Visionen und endete im Spätwerk in einer zauberhaften Farb- und Stimmungsmalerei romantischer Winterbilder.
1826/27 malte er in großformatigen Bildern den Brandenburger, Erfurter und Magdeburger Dom und erhielt 1828 den Auftrag, für den Naumburger Domherren von Ampach den Halberstädter Dom zu malen. Seitdem blieb er in Halberstadt dauernd ansässig.
Den in realistischer Objektivität die Bauwerke der Stadt kühl wiedergebenden Bildern dieser Periode, denen vielleicht gerade deshalb besondere Stimmungswerte eigen sind, kommt größere Bedeutung zu als allen späteren Werken seiner Hand.
Zeitgenossen urteilten bereits, dass Hasenpflugs Bilder zur Darstellung der Natur hin(-leiteten), ohne irgendeinen zudringlichen Effekt durch kasuistisch benutzte Licht- und Schattenmassen, mit einer zurückhaltenden Figurstaffage, die nur die Verhältnisse des Bauwerks verdeutlichen solle; auffällige Eigentümlichkeit des Künstlers wäre es, dass er die Zerstörungen der Zeit, die Eingriffe, vermittels welcher sie ein Bauwerk in einer Landschaft zu naturalisieren suche, nicht leiden kann. Damit zeigte er sich mehr als Realist denn als Romantiker.Zu seinem letzten großen Architekturstück, dem im Auftrage des Halberstädter Domherren Werner von Spiegel gemalten Kölner Dom (1832), formulierte Hasenpflug selbst als realistisches Prinzip seiner Bilder, dass er solches Bauwerk darstelle, wie es vollendet dagestanden haben würde, wenn wollen und Vollbringen der Menschen miteinander Schritt zu halten vermocht hätten. Damit aber gewannen dieserart Werke Hasenpflugs denkmalpflegerische Bedeutung über seine Zeit hinaus: Aus dem Künstler, der malerisch die Zeichen seiner Zeit als Zeugnisse sozialökonomisch gebundener politischer, kultureller, ideologischer Verhältnisse widerspiegelte und ein lokalhistorisch bedeutsames Stadtbild überlieferte, wurde der nicht mehr nur konservierende, sondern bildhaft restaurierende Denkmalspfleger, der malende Restaurator.
Entscheidende Eindrücke hinterließ ihm 1832 die im Auftrage Spiegels durchgeführte Reise nach Köln, die ihm auch nach Düsseldorf führte. Studienbesuche in den Ateliers der Düsseldorfer Akademie hatten ihn mit Carl Friedrich Lessing(1808-1880; s. d.) und seinem unter Carl Blechens (1798-1840) Einfluss entstandenen und nunmehr Schule machenden Gemälde Klosterhof im Schnee bekannt gemacht. In den 1840er Jahren wandte sich Hasenpflug nun von seinen bisherigen Bildmotiven ab und verließ die Reihen der reinen Architekturmaler und wandte sich einer Ruinensentimentalität zu, die gerade alles das pflegte, was er vorher vermieden hatte. Damit aber verlor er sich im Augenblick, da die allgemeine Entwicklung der Landschaftsmalerei bereits dem Realismus zuneigte, in einer der Zeit nicht mehr entsprechenden und entwicklungsmäßig überholten Welt. Es war zu spät für eine künstlerische Wiedergeburt des Architekturmalers in der neuen, realistischen Landschaftsmalerei geworden.
Durch solches Abgleiten in reaktionäre geistige wie künstlerische Bereiche wurden auch rückwirkend seine Verdienste früherer Jahre verdunkelt und geschmälert. Allein in den angelsächsischen Ländern jenseits des großen Wassers fanden seine sentimentalen Darstellungen dieser Zeit weiterhin noch ihre Gönner: Nordamerikaner hatten seine Gemälde auf deutschen Kunstausstellungen gesehen und sie in fassungsloser Begeisterung als das schönste, was die zeitgenössische Kunst bot mit sich nach der neuen Welt genommen. Nun reiste das neureiche Amerika auf seinen Europatrips eigens nach Halberstadt, um den Künstler persönlich kennenzulernen und seine Bilder zu kaufen.
Nach seinem Tode, in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, erfolgte in der deutschen Malerei ein tiefer Bruch. Spätromantik und Biedermeier wurden durch Realismus und Impressionismus abgelöst. Hasenpflugs Abstieg in der öffentlichen Bewertung begann mit Max Jordan, der als Direktor der Königlichen Nationalgalerie in Berlin Hasenpflugs Werke nicht schätzte, und dem Künstler sogar malerische Qualitäten absprach. Dauerhaft wurde Hasenpflug durch die Jahrhundertausstellung von 1906 in Berlin aus dem öffentlichen Kunstinteresse verbannt. Die Veranstalter dieser Ausstellung ließen in ihre Rückschau auf die Kunst zwischen 1775 und 1875 in hohem Grade ihre persönlichen, vom Zeitgeist stark beeinflussten Bewertungen einfließen. Vergessene Maler, wie damals auch Caspar David Friedrich, wurden wiederentdeckt und auf den Schild gehoben, andere wieder, und zu ihnen gehörte Carl Hasenpflug, für Jahrzehnte der Vergessenheit preisgegeben.
Das Andenken wurde fast ausschließlich nur noch in Halberstadt, seiner einstigen Wirkungsstätte, wachgehalten. Wir Heutigen sollten Carl Georg Adolf Hasenpflug um der Werke seiner ersten Schaffensperiode willen achten und sein Erbe als das eines Künstlers pflegen, der künstlerisch wie handwerklich- technisch die Architekturmalerei meisterlich beherrschte, so dass Zeitgenossen bereits ihn als beliebtesten und gesuchtesten Architekturmaler Norddeutschlands bezeichnen konnten.