BCKategorie 21.09.2015 09:27:53 Uhr

Ruine vom Heilige-Geist-Hospital an der Plantage soll gesichert werden

Cathrin Bothmann, Sculptor Werkstatt Für Restaurierung und Bildhauerei, und Jörg Wolansky, Gebäudemanagement Stadt Halberstadt stehen vor der barocken Sandsteinfassade und betrachten die ersten auf Papier aufgenommenen Ergebnisse der Untersuchung.

Seit drei Wochen ist die Steinmetz- und Steinbildbildhauermeisterin Cathrin Bothmann damit befasst, den Ist-Bestand der historischen Fassade des ehemaligen Heilig-Geist-Hospitals in der Plantage aufzunehmen.


Die denkmalgeschützte Barockruine ist seit den 90er Jahren eingezäunt, weil ihr schlechter Zustand zur Gefahr für Vorbeigehende werden kann. „Ich nehme die Fassade von oben nach unten, von rechts nach links und von hinten und vorn auf. Daraus entsteht eine technische Zeichnung, die anschließend digitalisiert wird“, erläutert Cathrin Bothmann von der Sculptor Werkstatt für Restaurierung und Bildhauerei aus Magdeburg. Für die Schadenskartierung stehen dabei folgende Fragen im Vordergrund: Wo sind Risse? Wo fehlen Steine? Von wo geht die größte Gefahr aus?

Ist das alles erfolgt, wird in etwa drei Wochen das Halberstädter Büro für Tragwerksplanung Dr. Volker Lind einbezogen. „Erst dann kann eine Kostenermittlung erfolgen, auf deren Grundlage dann Sicherungsmittel von Bund und Land beantragt werden können“, führt Jörg Wolansky, Gebäudemanagement der Stadt Halberstadt, aus.

Der Stadt liege die Sicherung der historischen Barockfassade nicht nur am Herzen, weil sie unter Denkmalschutz steht, sondern auch weil sie sich in einem katastrophalen gefährdenden Zustand befindet, sagt der Bauingenieur weiter.

Für die geprüfte Restauratorin im Steinmetzhandwerk ist sicher: Die enormen Schäden am Sandstein (Ruß, Schmutz, rötliche Verfärbungen) sind Brandfolgen aus der Kriegszerstörung.

Zur Geschichte: Das Heilige-Geist-Hospital wurde als Kranken- und Armenhaus für Geistliche und Laien von Bruder Wilhelm von Gent Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet. Das in unmittelbarer Nähe des Harsleber Tores gelegene Hospital unterstand bis 1255 der Martinipfarre. Es war dem Rat steuerpflichtig, unterstand aber der Gerichtsbarkeit des Dompropstes. Von der Steuer wurde das Heilige-Geist-Hos­pital jedoch für alle Zeit befreit, als es der Stadt 1241 das Gelände schenkte, auf dem das erste Rathaus erbaut wurde. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Stift evangelisch verwaltet. Im 18. Jahrhundert wurden die Hospitalgebäude im Barockstil erneu­ert. 1838 ließ die Armendeputation der Stadt auf dem Hospitalgelände Pferdeställe errichten, die an das Kürassierregiment vermietet wurden. Noch bis in das 20. Jahrhundert hinein dienten Teile der Gesamtanlage als Hospital.

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befand sich hier ebenfalls das Polizeigefängnis, im Volksmund später auch Deierlein genannt. Hier wurde auch kurzzeitig der Berliner Polizeipräsident der Novemberrevolution, Emil Eichhorn, inhaftiert. Seine Freilassung wurde von aufgebrachten Arbeitern erzwungen. Im Zeitraum von Ende April 1944 bis Anfang April 1945 waren hier wiederholt auch auf der Flucht aufgegriffene Häftlinge des nahen Konzentrationslagers Langenstein- Zwieberge inhaftiert, bevor sie nach stundenlangen Gestapoverhören durch die SS- Wachmannschaften des KZ zur Hinrichtung nach Langenstein- Zwieberge abtransportiert wurden. Beim Bombenan­griff vom 8. April 1945 zerstört, steht heute nur noch die Portalwand als letzter Rest des einstigen Gebäudekomplexes.

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