Da biste platt

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Jugendliche oft anders sprechen als Erwachsene?! Dabei entwickelt sich manchmal ein ganz eigener – sagen wir mal – „Wortschatz“, obwohl das sehr wohlwollend formuliert ist …
Manchmal werden auch einfach nur Floskeln oder gar einzelne Begriffe zu obligatorischen Satzbauelementen. War es früher noch das „Alter!“, hört man heute in diversen „Reality-TV-Shows“ eher „Digger“ und „Schwör“ – dabei kann man natürlich die klare Grenze ziehen, dass einige der dort auftretenden … sagen wir mal „Unikate“ … vielleicht auch nicht unbedingt einen Vergleich zum „Durchschnittsjugendlichen“ zulassen. Aber im Allgemeinen lässt sich trotzdem feststellen, dass das Vokabular verschiedener Generationen durchaus variiert und so zu Verständigungs- schwierigkeiten führen kann.
Insbesondere wenn die schriftliche Kommunikation dann auch noch ein tatsächliches Abbild des gesprochenen Wortes ist, kann das leicht zu Verwirrungen führen. Dabei ist die Reduktion der deklinierten Verbform von „du“ auf ein einfaches „e“, das zugleich das Personalpronomen ersetzt („willste“, „biste“ , „haste“) noch verständlich, aber der Jugendsprachegeheimcode umfasst ja auch Wortschöpfungen und Schreibweisen, die anscheinend nur Insider verstehen können …
Und ich glaube manchmal, dass es genau das ist, was sie damit erreichen wollen. Es ist sozusagen ein Sinnbild der „Du verstehst mich einfach nicht!“-Mentalität Heranwachsender. Oder es macht ihnen einfach nur Spaß, in die verwirrten Gesichter ihrer Mitmenschen zu blicken, wenn man denkt „Irgendwie klingt es ja deutsch … irgendwie auch nicht … vielleicht ist es holländisch?“
Also ist Jugendsprache im Grunde genommen vielleicht auch nichts anderes als wenn früher unsere Großeltern ihre super coole Geheimsprache ausgepackt und sich eins gelacht haben, weil wir sie nicht verstanden. „Platt“ haben sie das genannt und ich war auch immer ganz platt, dass sie einander bei solchem Kauderwelsch verstehen und in welcher Geschwindigkeit sie ihren Geheimcode da sprechen konnten. Selbst wenn man eine Sprache gern und häufig spricht: Man hat doch schließlich nicht für alle Dinge des Lebens immer gleich die richtige Vokabel parat.
Ich selbst erlebe ja ziemlich häufig, dass - obwohl ich unsere Nutzungsbedingungen schon gefühlte 7000 mal auf Englisch erklären musste und ich sicher weiß, dass ich die dafür nötigen Vokabeln kenne – mir das richtige Wort einfach nicht einfällt und dann fange ich an zu umschreiben und zu erklären – geschmückt, wenn nicht gar bereichert durch Denkpausen und melodisch unverzichtbare „Äh's" und „Ähm's". Zum Glück sind die betreffenden Leser mit meinem Englisch meist ebenso geduldig wie ich mit ihrem Deutsch …
Aber zurück zum Thema: Plattdeutsch. Plattdeutsch erfreut sich zurzeit anscheinend einer wachsenden Beliebtheit – es soll sogar Kinder geben, die es freiwillig lernen und in Meisterschaften gegeneinander antreten – Nerds? Bestimmt! Aber auch „normale“ Kinder … Natürlich gibt es 1001 verschiedene „Mundarten“ und denken Sie mal nicht, dass man in Wegeleben das gleiche Plattdeutsch spricht wie in Halberstadt oder gar im Huy – schließlich liegen da ja Welten zwischen – man denke nur an die riesige Entfernung …
Umso beeindruckender ist nun wahrscheinlich folgende Tatsache: Wir haben jemanden gefunden, der für Interessierte eine Führung durch die Bibliothek geben wird – auf Plattdeutsch.
Da sind Se platt! Könnn Se och sein, wird bestimmt jut. Oder zumindest anners.

Zur Erläuterung: Ich kann kein Plattdeutsch und die letzten drei (bzw. 2 ½) Sätze sind ordinärer Slang – oder Dialekt – nicht mal Harz, eher Börde, eventuell gewürzt mit einer Prise Hauptstadterfahrung, insgesamt nichts Aufregendes ..., aber ich wollte einfach auch mal das Geheimsprachenspiel mitspielen ;-)

Tipp: Plattdeutsche Bibliotheksführung: 07.05.2019, um 15 Uhr in der Stadtbibliothek „Heinrich Heine“ Halberstadt unter dem Titel „Vortelln Un Tauhoern - Führung durch die Bibliothek op Platt“

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