Alter Ego
Geschichten aus der Bibliothek
So, liebe Leser,
wenn ich Ihnen etwas verspreche, dann halte ich es auch. Und ich habe Ihnen letzten Monat einen Blog über das Älterwerden versprochen – was habe ich mir dabei eigentlich gedacht? Warum mache ich das? Wen will ich damit eigentlich quälen – Sie oder mich?
Ach ja, ich dachte mir: „Hey, diese eine Anekdote aus dem Jahr 'anno sprechen wir nicht mehr drüber' könnte ich doch mal mit der Leserschaft des Blogs teilen.“ Und nachdem ich das so euphorisch angekündigt habe, kann ich jetzt wohl kaum zurück … Also, halten Sie sich fest, die Zeitreise beginnt:
Wir schreiben das Jahr (sag ich Ihnen nicht, damit Sie keine Rückschlüsse auf mein heutiges Alter ziehen können – was bin ich für ein Füchslein?!). Ich habe soeben meine erste Stelle als Bibliothekarin angefangen, frisch vom Studium, bin Anfang 20 und in einigen Dingen der praktischen Arbeit noch etwas unsicher, in anderen dafür vielleicht etwas zu selbstsicher und strahle anscheinend die Weisheit des (mittleren) Alters aus – glauben Sie nicht?! Dachte ich auch nicht, aber dann kam es zu dieser Begebenheit:
Eine Leserin, die biologisch betrachtet meine Mutter hätte sein können (ausnahmsweise keine Übertreibung! Und wichtig für den Verlauf der Geschichte …), es aber tatsächlich nicht war, hatte eine Anfrage. Sie suchte ein Buch, kam zwar nicht auf den Titel oder die Autorin, aber konnte es beschreiben … irgendwie: „Das ist so lustig geschrieben. Die Autorin ist so unser Alter …“ Äh, wie Bitte? „Unser Alter“ – ja, das hatte sie gesagt. Und ich dachte so: „Ok, irgendwas zwischen 20 und Rente?“ (Mir war völlig klar, dass sie wohl noch ca. 20 Jahre bis zur Rente haben könnte, aber mir auch völlig klar, dass zwischen uns beiden ebenfalls gute 20 Jahre lagen, also inwiefern hilft „unser Alter“ irgendwem weiter???)
Kundenorientiert wie ich bin, habe ich mir das natürlich nicht anmerken lassen und mein Bestes gegeben, um der Leserin zu helfen. Mein Tipp nach ihrer Beschreibung: Susanne Fröhlich: „Runzelich“ war aber falsch und, wenn man näher darüber nachdenkt, wohl ähnlich schmeichelhaft wie ihre Beschreibung zuvor ... auch wenn ich den Titel nicht gleich dazu gesagt hatte, wir „suchten“ ja schließlich noch nach der richtigen Autorin …
Irgendwann kam uns die zündende Idee, das jüngst von ihr zurückgegebene Buch von der Rückgabe zu holen und nachzuschauen: Treffer: Ildikó Kürthy.
Liebe Leser, was soll ich sagen?! Meine eingangs erklärte Schätzung war mathematisch fehlerfrei … und die gesuchte Autorin schrieb keine Bücher, in denen ihr Alter irgendwie relevant wäre …
Ich kann Ihnen sagen, sowas muss man erst ein paar Jahre verdauen, bevor man darüber einen Blog schreiben kann - hauptsächlich, weil ich damals den Blog noch gar nicht geschrieben habe … aber auch, weil die Leserin mich hatte alt aussehen lassen … wortwörtlich! Ob ich wirklich mehr als 20 Jahre älter aussah, als ich war, kann ich natürlich nicht abschließend beantworten, aber ich sage es mal so: im selben Monat war ich für eine Veranstaltung im Martineum und wurde dort von einer Lehrerin für eine Schülerin gehalten, also behaupte ich mal: nein, sah ich nicht …
Heute bin ich übrigens nicht mehr Anfang 20 (sieht man) und nehme es viel gelassener … denke ich … bitte probieren Sie es nicht aus … ich möchte wirklich keine Fragen gestellt bekommen, wie lange ich eigentlich noch bis zur Rente habe … und die ehrliche Antwort wäre sowieso: „Keine Ahnung.“
Was lernen wir nun daraus? Alter ist relativ. Selbst- und Fremdwahrnehmung klaffen manchmal weit auseinander und: wenn man sich nur redlich bemüht, bringt man am Ende doch das richtige Buch an den Mann bzw. an die Frau.
Und weil das Thema Älterwerden nicht nur diesen Blog, sondern auch regelmäßig die Bestsellerliste beschäftigt, folgen hier noch ein paar Literaturtipps:
Elke Heidenreich: Altern R11
Susanne Fröhlich: Älter werden ist wie jung sein, nur krasser F 122.1
Susanne Fröhlich: Diese schrecklich schönen Jahre F 132
Sabine Bode: Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr F 132
Eckart von Hirschhausen: Die bessere Hälfte : worauf wir uns mitten im Leben freuen können F 132
Monika Bittl: Ich hatte mich jünger in Erinnerung F 122.1
Monika Bittl: Ich will so bleiben, wie ich war F 122.1
Desiree Nick: Gibt es ein Leben nach vierzig? : eine Anleitung zum Entfalten in Theorie und Praxis F 122.1
Irene Fellner: Stürmische Zeiten F 122.1
Margot Käßmann: Schöne Aussichten auf die besten Jahre E 910 Käßmann, M.
Monika von Ramin: Mein letzter Tampon : wenn böse Mädchen in die Jahre kommen F 123
Hartmut Radebold: Zufrieden älterwerden F 132.1
Wilhelm Schmid: Gelassenheit : was wir gewinnen, wenn wir älter werden F 132.1