Engagierte Halberstädterin gestorben
Nachruf für Sabine Klamroth von der Stadt Halberstadt und dem Gleimhaus
Im Alter von 91 Jahren ist die Juristin und Autorin Sabine Klamroth gestorben. Sie wurde 1933 in Halberstadt geboren. Ihre Familie verließ die Stadt im Jahr 1948. Nach der deutschen Wiedervereinigung kehrte Sabine Klamroth zurück und engagierte sich in ihrer Heimatstadt auf vielfältige Weise.
Sabine Klamroth studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Berlin und München und arbeitete in Heidelberg erfolgreich als Anwältin sowie als Verfasserin und Herausgeberin juristischer Literatur.
Anfang der 90er Jahre verkaufte sie ihre Kanzlei und engagierte sich fortan in Halberstadt: Nicht nur war sie hier weiterhin als Rechtsanwältin tätig, sie entwickelte auch gemeinsam mit ihrem Vetter Klaus Klamroth das ehemalige Familienwohnhaus, das „Muthesium“ (zu DDR-Zeiten „Weißes Roß“) zum „Parkhotel Unter den Linden“. Sie war aktiv im „Verein zur Bewahrung des jüdischen Erbes in Halberstadt und Umgebung“ und bei der Etablierung der Moses Mendelssohn Akademie. Sie stand im regen Austausch mit Überlebenden und Nachkommen Halberstädter jüdischer Familien. Ihr Buch „‘Erst wenn der Mond bei Seckbachs steht‘– Juden im alten Halberstadt“ (2006, zweite Ausgabe 2014) dokumentiert das Zusammenleben jüdischer Familien mit der christlichen Mehrheitsgesellschaft und enthält lebendige Erinnerungen an die jüdische Kultur in der Stadt. Sie war außerdem Mitbegründerin des Fördervereins der Grundschule „Miriam Lundner“ in Halberstadt. Sabine Klamroth war als SPD-Vertreterin gewähltes Mitglied im Stadtrat von Halberstadt (u.a. als Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses).
In einem Roman hat Sabine Klamroth ihre Erfahrungen zu Beginn der 90er Jahre verarbeitet: „Erwirb es, um es zu verlieren – Notizen aus Ost und West zur Wendezeit“ (zweite Ausgabe 2018, Erstausgabe 2002 unter dem Titel „Achterstädter Monopoly. Notizen aus Ost und West zur Wendezeit“).
Sehr engagiert hat sich Sabine Klamroth auch für das Gleimhaus – so war sie als juristische Beraterin bei der Trägerschaftsübernahme durch den Förderkreis Gleimhaus e.V., der seit 1995 das Gleimhaus betreibt, gefragt. Im Jahr 1998 hat sie als Rechtsanwältin die Auflösung der Gleim’schen Familienstiftung übernommen. Von 1997 bis 2007 hat sie sich im Vorstand des Förderkreises Gleimhaus e.V. eingebracht und auch danach das Gleimhaus immer wieder unterstützt.
Im Jahr 2008 wurde sie mit dem Kulturpreis der Stadt Halberstadt ausgezeichnet.
Sabine Klamroths Interesse galt der Geschichte und der Verantwortung von Menschen und Gesellschaften. Geschichtliche Ereignisse haben auch ihr Familienleben geprägt. Ihr Vater Hans Georg Klamroth war als Mitwisser des Attentats gegen Adolf Hitler 1944 im gleichen Jahr zum Tode verurteilt worden.
Zu ihrem 80. Geburtstag im Jahr 2013 hatte der damalige Oberbürgermeister Andreas Henke in seinem persönlichen Gratulationsschreiben geschrieben: „Seit Jahrzehnten engagieren Sie sich unermüdlich um die Entwicklung unserer Stadt und, eng damit verbunden, die Menschen, die hier leben! Sie halfen durch Ihr Engagement mit, jüdisches Erbe in Halberstadt zu wahren und zu beleben. Sie sorgten mit dafür, die Wahrnehmung geschichtlicher Verantwortung als wichtigen Beitrag zu verstehen, uns vor dem Vergessen zu bewahren und nachfolgende Generationen für Toleranz und Mitmenschlichkeit zu gewinnen - ob als Stadträtin, als Autorin oder Vermittlerin von generationenübergreifenden Begegnungen mit ehemaligen jüdischen Mitbürgern."
Sabine Klamroth war vielfältig interessiert und scheute Diskussionen nicht. Sie sagte selbst: „Ich mag Diskussionen, bin immer ein kritischer Geist gewesen“ (Interview mit der Martini-Redaktion, Heft Dezember 2020). Beherzt vertrat sie ihre Positionen und engagierte sich.
Ein großer Freundeskreis hier in Halberstadt hat Sabine Klamroth ermöglicht, dass sie auch in den letzten Lebensjahren nach der Erblindung stets Fürsorge und Ansprache erhalten hat. Sie hatte es nicht bereut, nach Halberstadt zurückgekehrt zu sein: „Diese Stadt ist immer meine Heimat geblieben, egal wo ich gelebt habe. Seit 1790 sind meine Vorfahren hier verwurzelt,“ so erklärte sie vor wenigen Jahren (Martini, 12/2020).
Das Sabine Klamroth über viele Jahre prägend in ihrer Heimatstadt gewirkt hat, bleibt unvergessen.
Foto: Sabine Scholz
©Halberstadt, 15.07.2025