Orientierung ist alles…

Zugegeben, einfach ist es nicht, sich in unserer Bibliothek zurecht zu finden, wenn man sie zum ersten Mal (und vielleicht auch die ersten paar Male nach dem ersten Mal) betritt. Für uns Mitarbeiter – die wir hier täglich ein und aus gehen, hoch und runter, von links nach rechts, von den DVDs in den CD-Raum, von der Kinderbibliothek in die Schülerbibliothek, von den Sachbüchern zur Belletristik und umgekehrt – ist es natürlich schon lange nicht mehr kompliziert. Klar kommt man hier direkt vom Erdgeschoss (das wir selbstverständlich ausschließlich „die Kapelle“ nennen) direkt in die zweite Etage (wir sagen „Ebene“) – aber dafür nicht in den Keller. Klar kommt man von der dritten Ebene aus auf die zweite, aber eben nicht von der ersten. Klar sind Unter- geschoss und Keller zwei völlig verschiedene Dinge – was ist schon dabei?

Ein Blick auf den Wegweiser und schon wird klar: die Ebenen wurden schlichtweg bibliothekarisch akkurat durchnummeriert – Ordnung und Struktur: wenn nicht hier, wo dann?
Und nochmal: zugegeben, was auf dem Bild logisch aussieht, kann doch etwas komplexer wirken, wenn man hier zwischen den Etagen herumirrt, dazu verdammt, die Bibliothek nie wieder zu verlassen, weil man sich nicht traut, die freundliche Bibliothekarin um Hilfe zu bitten. Weil uns dieses Phänomen durchaus bekannt ist, erläutern wir neuen Lesern (sowie sonstigen Besuchern) gern in aller Kürze: Hier geht man erst die Treppe hoch, um dann – Links rüber, Treppe runter – ins Untergeschoss (die Kinderbibliothek) zu gelangen.
Nicht selten beobachte ich mit einem Schmunzeln, wie (meistens) Touristen bei ihrer Rückkehr im Treppenhaus stehen bleiben, mich intensiv mustern und angestrengt überlegen – in der Denkblase über ihrem Kopf steht in Großbuchstaben, fett und unterstrichen „Hier lang???“. Wenn sie mein mit einem freundlichen Lächeln kombiniertes Nicken richtig verstehen, finden sie den Ausgang, andernfalls (und auch das kommt vor) laufen sie weiter. Wenn das jetzt gemein klingt bitte ich zu bedenken: nur, weil ich nicht die Sorte Bibliothekarin bin, die gleich „Pssst“ sagt, wenn ein Handy klingelt oder jemand vergnügt kichert, werde ich bestimmt trotzdem nicht gleich zum Marktschreier, nur weil meine (wie ich finde) recht eindeutige Geste ignoriert wird. Ein gewisses Maß an Ruhe darf ich wohl ausstrahlen – zumal ich ja nicht sicher wissen kann, ob der Besucher wirklich den Ausgang oder vielleicht doch die Sachbücher oder gar den Regionalbestand sucht. Und eine gewisse Eigenverantwortung haben unsere Besucher und Leser ja auch – bei Unsicherheiten könnte man mich sogar ansprechen und einfach fragen.
Eine andere Lösung ist ebenfalls beliebt: Wenn man sich selbst nicht gut orientieren kann, ist es gut, wenn man sich Unterstützung holt. So hatte kürzlich wieder eine Mutter Glück: ihr Kind wies ihr den richtigen Weg – das kommt übrigens insgesamt sogar recht häufig vor. Während Mama also erstmal „versehentlich“ über die erste Ebene schlendern wollte, rief Töchterchen sie beherzt zurück: „Mama! Hier ist doch schon das Treppengehause!“ Keine Sorge, liebe Leser, die kleine Maus hat sich nur versprochen, sie hat sich nämlich sofort korrigiert: „Treppengehäuse!“ – ich liebe meinen Job…

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